Ob Emacs oder vi ist eine Frage, um die seit Jahrzehnten gestritten wird, ohne dass man eine Antwort gefunden haette. Beide Editoren sind maechtig. Die Frage, ob Emacs oder vi, ist nebensaechlich gegenueber der Frage, ob du einen maechtigen Editor verwendest (was Emacs und vi beide sind) oder ob du einen einfachen Editor (wie nano) verwendest. Ich denke, dass es gute Gruende gibt, einen maechtigen Editor zu lernen, auch wenn du nur einfache Operationen ausfuehrst. Mit einem einfachen Editor bleibst du naemlich auf sie beschraenkt, waehrend ein maechtiger Editor dir Moeglichkeiten gibt, nach und nach deine Arbeit effektiver zu machen und wiederkehrende Operationen zu optimieren. Wenn du also nicht ewig auf niedrigem Niveau feststecken willst, dann solltest du einen maechtigen Editor nutzen ... am Anfang natuerlich erstmal nur rudimentaer.
An dieser Stelle weise ich gerne wieder auf mein Dokument ``Vi for nano users'' hin, das zeigt, dass Editieren auf nano-Niveau auch im vi einfach ist. (Beim Emacs scheint mir der Unterschied zum nano noch geringer zu sein.)
http://marmaro.de/docs/vi-for-nano-users/
Diesen Post schreibe ich ebenso im vi wie meine Emails und allen Code. Selbst groessere Umbenennungsaktionen im Dateisystem erledige ich dank `emv' mit dem vi. Und die Readline der Shell und im mysql-Kommandozeilenclient, usw. arbeitet auch im vi-Mode. Somit editiere ich so gut wie allen Text mit dem vi ... was mir schon so im Muskelgedaechtnis gespeichert ist, dass ich gar nicht mehr darueber nachdenke, sondern direkt das richtige passiert, wie wenn ich mit der Hand zugreife oder einen Fuss vor den anderen setze.
Einfache Editoren haben ihren Hauptfokus auf das Erstellen von Text, maechtige Editoren haben ihn auf dem Aendern von Text. (Nicht nur) Beim Programmieren zeigt sich, dass insgesamt mehr geaendert als neu geschrieben wird. So oft passiert es mir, dass ich Shift zu kurz gedrueckt habe, so dass der Anfangsbuchstabe klein ist statt gross. Im Schreiben mache ich dann einfach direkt ein
Escape b ~ A, was die Kleingrossschreibung des ersten Buchstabens des Wortes aendert und dann wieder am Wortende in den Einfuegemodus geht. Da bei mir Escape auf Caps Lock liegt, kann ich das alles mit den Fingern auf der Home-Row tippen. Diese Korrektur passiert inzwischen automatisch, ohne dass ich darueber nachdenken muss. Ebenso das typische
xp um Zeichendreher zu tauschen, wenn ich einen Text korrekturlese. Ein weiteres Killer-Feature von vi ist
. (Punkt-Taste im Normalmode). Damit wird die letzte Editieroperation wiederholt. In Kombination mit der Suche ist das eine unglaubliche Arbeitserleichterung ...
... aber ihr seht schon, ich komme in's Schwaermen. All dies habe ich noch nicht in meinen ersten Wochen mit dem vi genutzt, aber ueber die Jahre konnte ich immer wieder meine Arbeitsweisen optimieren. Meine Editorbenutzung heute ist auf einem Niveau, das sie nicht erreichen haette koennen, wenn mein Editor beschraenkt gewesen waere. (In Emacs waere das auf gleiche Weise moeglich gewesen. Mir liegt nur der vi kulturell naeher.)