Hier ein erster Entwurf:
Sehr geehrte Parlamentarier,
wir, Mitglieder einer virtuellen Gemeinschaft, dem Debianforum, möchten Ihnen im folgenden unsere Sorge die Logigpatentdirektive von Arlene McCarthy darlegen.
Vor längerer Zeit erhielt die Vorsitzende des EU-Rechtsausschusses JURI einen Vorschlag der ursprünglich us-amerikanischen Business Software Alliance, einem Zusammenschluss weniger, aber recht erfolgreicher Unternehmen aus dem IT-Bereich.
Dieser Vorschlag wurde fast unverändert übernommen. Die heutige, leicht veränderte Fassung des Entwurfs sieht eine Patentierbarkeit für Logikerfindungen vor.
Häufig hört man in diesem Bereich die Vokabel "Softwarepatent". Obwohl die Direktive explizit die Patntierbarkei "computergestützter Erfindungen", also "Software" erlaubt, ist nicht nur die Computerwelt von diesem Vorschlag betroffen. Auch Geschäftsmodelle und ähnliches sind betroffen.
Aus Protest gegen diese Art von Patenten hält eine französische Firma beim Europäischen Patantamt (EPA) ein Patent auf die Einführung der 35-Stunden-Woche.
Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien Unternehmer. Angenommen, Sie hätten den Plan, in Ihrem Unternehmen die 35-Stunden-Woche einzuführen. Wären Sie in dieser Situation jemals auf die Idee gekommen, in dieser Frage einen Patantanwalt zu konsultieren, weil Sie möglicherweise ein Patent auf ein Geschäftsmodell verletzen könnten?
Im zentralen Punkt der Logikpatentfrage stehen jedoch in der Tat Software-Erfindungen. Hier sind die Auswirkungen sogar weitaus gravierender:
Kommunizieren Sie mit anderen über E-Mails? Dann haben Sie auf Ihrem Computer möglicherweise ein Programm installiert, welches das Patent Nummer DE 10108564 verstößt.
Dass die Patentfrage wirklich so gut wie jeden betrifft, lässt sich an einem Beispiel besonders verdeutlichen: Denn selbst die Homepage des Europa-Parlaments (http://europarl.eu.int/) verstößt gegen das Patent Nummer EP 689133, welches die triviale Idee der navigation durc "Karteireiter" für sich in Anspruch nimmt.
Die Gestalter der Parlamentswebseite vor diesem Hintergrund als "Diebe geistigen Eigentums" zu bezeichnet wäre trotz des Patents nicht nur überzogen, sondern schlichtweg falsch, schließlich gehen wir davon aus, dass die Gestalter und Webmaster die Webseite in Eigenarbeit programmiert haben. Lassen Sie sich das nicht gefallen!
Patantinhabern steht es frei, ob und zu welchem Preis sie Lizenzen für ihre Patente an Konkurrenten ausgeben. Aus diesem Grund ist es also - in Anbetracht der 20jährigen Laufzeit für Patente - möglich, dass Sie über 20 Jahre hinweg an ein und dasselbe Softwareprogramm gebunden sind.
Gerade in der sich schnell wandelnden Computer-Branche ist dies eine unvorstellbar lange Zeit.
Vielfach wird von Befürwortern der Logikpatente angeführt, dass gerade mittelständische Unternehmen hiervon profitierten. Wir sehen das anders und die Fakten sprechen für sich: Der FFII e.V. schätzt die Kosten für eine Patentanmeldung auf ca. 50.000,00 EUR (@Debianforum-Members: Ich habe die Quelle nicht finden können, nur so etwas in irgendeinem (nicht heise

) Forum aufgescnappt).
Nicht eingerechnet sind die Kosten für Patentrecherchen sowie Gerichtsprozsse, die die Verletzung der Patente klären sollen.
50.000,00 EUR sind eine enorm hohe Summe, die für mittelständische Unternehmen - und erst recht nicht für "Freelancer" - nicht unbedingt leicht aufzubringen ist.
Dies sind natürlich Kosten, die sich über Lizenzeinnahmen refinanzieren sollen. Das bedeutet aber für den Verbraucher, der schließlich das fertige Softwareprodukt kaufen soll, eine Umlegung von 50.000,00 EUR auf die Gesamtauflage des Computerprogramms.
Und nicht nur der Verbraucher würde von Logikpatenten negativ tangiert. Selbt die Firmen würden Verluste verbuchen:
Stellen Sie sich bitte die theoretische Idealsituation der freien Marktwirtschaft vor: Ein bis ins letzte ausgewogener Markt. Das würde bedeuten, dass jede Firma auch in etwa gleich viele bzw. in der Gesamtsumme gleichwertige Patente hält.
Bei Eigenentwicklungen werden die verwendeten Algorithmen teils von eigenen Patenten abgedeckt, teils müssen Lizenzen erworben werden.
Eine einfache Rechnung zeigt die Ausgaben für das Unternehmen auf:
(Verkaufspreis*Auflage)-Lizenzausgaben+Lizenzeinnahmen-Nebenkosten
Mit anderen Worten, bliebe für jede Firma der Posten "Nebenkosten" erhlaten. Hierzu zählen Kosten für Patantrecherchen sowei für Gerichtsverhandlungen im Falle von Patentverletzungen.
Da aber ein so weit ausgeglichener Markt nie existieren kann, überwiegen für kleinere Unternehmen die Lizenzausgaben gegenüber den Einnahmen, wodurch sie gezwungen sind, das Produkt zu einem höheren Preis zu verkaufen, als ursprünglich vorgesehen.
In Amerika existieren Logikpatente bereits. Und auch die negativen Auswirkungen lassen von sich hören:
So berichtet die taz vom 28.08.03 von der Geschichte der Firma Unisys und deren Patent auf ein Kompressionsverfahren. In dem Artikel heißt es:
"Denn Amerika, wo Softwarepatente bereits seit Jahren vergeben werden, bietet einige Einblicke in die negativen Folgen. Obwohl ein Patent auf Hyperlinks, das die Existenz des World Wide Web in Frage gestellt hätte, im letzten Jahr vor Gericht für ungültig erklärt wurde, hat sich die Praxis der Aufdeckung eines Patents, nachdem es sich als Standard durchgesetzt hat, bereits als Wettbewerbswaffe etabliert. So hält beispielsweise die Firma Unisys ein Patent auf eine Methode der Datenkomprimierung namens "LZW", die dem GIF-Grafikformat zugrunde liegt. Erst nachdem sich das Format als Standard durchgesetzt hatte, forderte das Unternehmen Lizenzgebühren. Selbst für eine derart triviale Idee, eine Internetbestellung mit einem einzigen Klick ausführbar zu machen, erwarb der Internetversender Amazon still und heimlich ein amerikanisches Patent. Als dann Barnes & Noble ebenfalls Anteile am Internetbuchhandel erobert hatte, zwang Amazon den Konkurrenten mit dem eigentlich als Innovationsschutz gedachten Instrument zu einem technisch überflüssigen Extraklick."
Diese Worte beschreiben recht deutlich die Unterschiede zwischen der Soll- und der Ist-Situation in Amerika. Faktisch ist ein Innovationsschutz durch Logikpatente nicht möglich.
Logikpatente sind Patente auf Ideen. Die Art und Weise der technischen Durchführung bleibt von derartigen Patenten absolut unberührt: Patentierte Algorithmen (so bezeichnet man die Abfolge nötiger Arbeitsschritte zur Lösung eines Problems) kann die Softwarebranche in nahezu unbegrenzt vielen verschiedenen Arten implementieren.
Befürworter von Logikpatenten bezeichnen die gängige Praxis als Nachahmung. Und - zugegeben - nichts anderes passiert auch. Aber diese Praxis hat durchaus ihre Existenzberechtigung und ohne sie wäre die "freie Marktwirtschaft" unmöglich. Im Supermarkt haben Sie auch die Auswahl zwischen vielen verschiedenen Varianten Kartoffelchips oder Grillsaucen. Hier würde doch auch niemand auf die Idee kommen, die "Idee, Kartoffelchips herzustellen" als solche zu patentieren, oder?
Diese Nachahmung ist natürlich auch nicht so gravierend, wie der Ausdruck zunächst vermuten lässt. Wie bereits erwähnt, ist ein computertechnisches Problem immer auf mehrere Arten zu lösen. Eine Firma, die beispielsweise eine besonders effektive oder schnelle Methode zur Problemlösung gefunden hat, kann diese Methode auch ohne Patente vor "Nachahmung" schützen. Dies regelt das Urheberrecht aller EU-Staaten soweit, dass Patente hier unnötig werden.
Zusammengefasst betrachet "schützen" Patente die Idee einer Problemlösung, die auf viele verschiedene Arten durchführbar ist.
Das Urheberrecht schützt eine bestimmte Methode, die zur Problemlösung heranzgezogen werden kann in der Form, dass andere möglicherweise effektivere Methoden, die der Lösung desselben Problems dienen, nicht berührt werden.
Eine "Nachahmung" kann also nur insoweit von Konkurrenten durchgeführt werden, als das diese eine andere Methode zur Problemlösung finden.
Derzeit existieren laut Schätzung des FFII ca. 30.000 (!!) derartige Patente. Eine Zahl die die Entwicklung von Software für kleine und mittelständische Betriebe aufgrund der nötigen Recherchen und Lizenzausgaben nahezu unmöglich macht.
Eine Legalisierung dieser 30.000 Gedanken ist also unserer Meinung nach nicht nur in einer so kunjunkturschwachen Zeit wie heute mehr als schädlich.
Dass Logikpatente nichts anderes als "Gedanken" abdecken, sollte auch klar werden: Denn Computerprogramme sind für sich genommen nicht mehr und nicht weniger als höhere Mathematik. Hätte es zu Zeiten von Pythagoras, Thales oder Archimedes Logikpatente gegeben, wären damalige "Ingenieure" wohl in erhebliche Erklärungsnot gekommen.
Die Übertragung auf eine Zeit, die seit 2000 Jahren vergangen ist, mag Ihnen vielleicht grotesk vorkommen. Sie sollten aber bedenken, dass mathematische Sätze (und somit auch Computerprogramme) nicht "erfunden" werden können, sondern "nur" entdeckt. Donald E. Knuth, ein berühmter Programmierer und Autor der Buchreihe "The Art Of Computer-Programming", sagte in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift c't dazu:
"Oh ja, ich habe mitbekommen, dass darüber in Deutschland gerade
diskutiert wird. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass Algorithmen wie
Mathematik sind, also inhärent nicht patentierbar. Es beunruhigt mich, dass die
meisten Patente von so einfachen Ideen handeln, dass ich von meinen Studenten
erwarten würde, sie als Hausaufgabe zu entwickeln. Manchmal gibt es Ausnahmen,
beispielsweise etwas sehr Raffiniertes wie eine Innere-Punkte-Methode für
lineare Programmierung, wo man wirklich von einer signifikanten Entdeckung
sprechen kann. Für mich ist das aber immer noch Mathematik. Ich komme aus einer
mathematischen Kultur, in der wir kein Geld von Leuten kassieren, die unsere
Sätze benutzen. Da gibt es den Gedanken, dass Mathematik entdeckt, nicht
erfunden wird. Wenn etwas schon da war, wie kann man es dann patentieren?"
Als durchaus positiv haben wir es empfunden, dass Sie einen Aufschub der Abstimmung, die für die 1. September angesetzt war, gewährt haben. Wir, als Bürger der EU sahen es deshalb als unsere Aufgabe an, Sie innerhalb der aufgeschobenen Zeit über die negativen Konsequenzen dieser Patente zu informieren.
Wir hoffen sehr, dass Sie sich am neuen Termin der Abstimmung mit Ihrer Stimme gegen den neuen Gesetzentwurf aussprechen, damit auch weiterhin in Europa ein freier Markt existieren kann.
Mit freundlichen Grüßen
Name 1, Wohnort,
Name 2, Wohnort,
to be continued....