Gefahr proprietärer Treiber

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hupfdule
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Beitrag von hupfdule » 12.04.2004 10:19:44

BeS hat geschrieben: Es mag sein das die Fragen dich oder den Entwickler nicht 100%ig zufrieden stellen, da sie nicht rein technisch sind.
Nein, das ist eine Unterstellung. Mir geht es hier nicht nur um die technische Sache. Diesen Vorwurf macht auch RMS. Er unterstellt man würde nur die technische Seite betrachten, nur weil man die soziale Seite nicht 100%ig so sieht wie er.
Aber es ist nunmal die Eigenart von Freier Software das solche Fragen im Kontext ihrer sozialen- und gesellschaftlichen- Auswirkungen diskutiert werden.
Das finde ich in Ordnung, aber die Meinung von RMS auch in Hinsicht ihrer sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen halte ich für falsch. Und weil ich das nicht nur in diesem Falle tue, sondern in der Regel, ist RMS für mich keine vorbildartige Figur. Aber wie gesagt, beziehe ich das nicht auf Freie Software oder die FSF, sondern nur auf RMS.
Wollte er eine rein technische Antwort darf er nicht nach der Meinung aus der Sicht von Freier Software sondern aus der Sicht von OpenSource fragen, dann ist er bei RMS aber an der falschen Adresse.
Auch hier wieder die Reduzierung auf ein Problem, das nicht angefragt wurde. Es ging nicht um eine technische Lösung, sondern um eine rechtliche und moralische (ich glaube hauptsächlich rechtlich). Und diese Frage kann RMS ja sehr wohl aus seiner Sicht beantworten, da die Lizenz ja von ihm stammt.

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jogix
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Beitrag von jogix » 12.04.2004 12:46:57

Hi,

ein Tag nicht am Rechner und schon geht die ganze Diskussion an einem vorbei. Habt Ihr keine Familien, mit denen Ihr Ostern verbringen könnt :lol:

Ich finde, Ihr verstrickt Euch ein wenig arg in Details, die mit der eigentlichen Problematik nicht so viel gemein haben.

Gerade freie Software ist ein gesellschaftliches Thema, das, ähnlich wie in der Politik, von vielen Seiten beleuchtet werden kann. Freie Software ist ein Stück Politik. Laßt es mich also auch mit einem Beispiel aus der Politik vergleichen:
nehmen wir die Ausbildungsplatzabgabe. Die SPD meint es gut, sie will Ausbildungsplätze fördern, um den jungen Menschen eine Chance zu bieten. Allerdings schreibt die SPD an dieser Stelle den Firmen vor, was sie zu tun haben. Diese sind dadurch aber nicht glücklich, können und/oder wollen diese Forderungen nicht erfüllen. Mitunter kann das Erfüllen der Forderungen den Ruin bedeuten. Um am Leben zu bleiben, gehen sie ins Ausland (ja, soviel Freiheit haben sie noch, denn dort gibt es noch keine Ausbildungsplatzabgabe). Nun, was hat die SPD erreicht. Gut gemeint, ja, gut gemacht, nein.
Ähnlich sieht doch die Problematik hier aus. Stellt z.B. Nvidia einen proprietären Treiber zur Verfügung, oder bleiben wir bei der PS2, also den NDA, so ist das gut gemeint, denn man möchte der Community etwas geben (was im Vergleich zu dem politischen Beispiel die jungen Menschen wären). Doch die Community der freien Softwareentwickler sehen ihre Freiheit beschnitten und ihre Community bedroht (die Firma und die Kosten) und geht ins Ausland (andere Hardware - solange es Hardware gibt, die als freie Plattform Unterstützung findet). Gibt es kein freies Ausland mehr (bzw. freie Hardware), wird die Community dicht machen (die Firma geht pleite oder macht dicht) und es gibt keine freie Software mehr (keine Arbeistplätze und Ausbildungsplätze).

Ob wir an dieser Stelle nun über Treiber sprechen, über NBA oder über sonst was, die problematik ist überall ähnlich. Es ist ein Thema, das viel Fingerspitzengefühl verlangt - was RMS IMHO nicht immer besitzt.
Ich gebe ganz ehrlich zu, daß ich RMS und seine Äußerungen oder seine Art sich mitzuteilen, nicht besonders mag. Mir rollen sich meist die Fußnägel hoch, wenn ich einen Kommentar von RMS lesen muß. Aber die Philosophie und Ideologie, die RMS mit seinem GNU Projekt aufgebaut hat, ist einfach einmalig und absolute Spitzenklasse.
Und sind wir mal ehrlich - was soll RMS denn machen?! Wäre er nicht so extrem, würde seine Philosophie untergehen. Er muß sich hart durchsetzen, um die Philosophie, aber auch das GNU Projekt am Leben zu erhalten. Und das ist auch gut so.

Ich denke, man muß an dieser Stelle auch ganz klar zwischen RMS und seinem Werk differenzieren. Zumindest ich tue das, da ich RMS nicht mag, aber GNU wichtig finde.
cheers,
Jochen
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DavidJ
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Beitrag von DavidJ » 12.04.2004 13:35:08

Zumindest ich tue das, da ich RMS nicht mag, aber GNU wichtig finde.
Da steckt glaube ich ein wichtiger Punkt drin. In vielen Foren oder Kommentaren zu News-Meldungen lese ich immer wieder von Leuten die RMS "nicht leiden" können und in einem Zug GNU als sonstwas abtun und Linux ist ja sowieso Frickelware (TM). Differenziert wird da leider sehr selten, wobei sehr häufig auch auffällt dass die Leute weder RMS Einstellung noch GNU richtig kennen und eigentlich auch keine Ahnung von den Zusammenhängen des Themenbereichs haben (GNU, UNIX, Linux, Open Source Software, Freie Software, Philosophie, Pragmatismus, NDAs und weiteres) -> also eigentlich ganz so wie bei den Themen Wirtschaft + Politik. Man muss sich leider sehr, sehr viel mit solchen Sachen (Politik, Wirtschaft bzw. GNU, Linux etc. ...) beschäftigen um überhaupt einen fundierten Überblick zu bekommen auf dem man seine Meinung/Argumente aufbauen kann.

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BeS
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Beitrag von BeS » 12.04.2004 17:40:57

hupfdule hat geschrieben: Nein, das ist eine Unterstellung. Mir geht es hier nicht nur um die technische Sache. Diesen Vorwurf macht auch RMS. Er unterstellt man würde nur die technische Seite betrachten, nur weil man die soziale Seite nicht 100%ig so sieht wie er.
das war keine Unterstellung von mir, sondern du hast geschrieben das er deiner Meinung nach die Frage nicht beantwortet.
Ich denke aber, so wie ich die Freie Software verstehe, hat er die Frage als ein Sprecher der Freien Software sehr wohl beantwortet. Ich habe dir ja sogar die entsprechenden mails genannt.
Auch hier wieder die Reduzierung auf ein Problem, das nicht angefragt wurde. Es ging nicht um eine technische Lösung, sondern um eine rechtliche und moralische (ich glaube hauptsächlich rechtlich). Und diese Frage kann RMS ja sehr wohl aus seiner Sicht beantworten, da die Lizenz ja von ihm stammt.
wie gesagt hat er es meiner Meinung nach, in den von mir aufgelisteten mails, aus der Sicht der Freien Software beantwortet.

@jogix:
Ich kann mich deinem letzten post mehr oder weiniger anschließen.
jogix hat geschrieben: Und sind wir mal ehrlich - was soll RMS denn machen?! Wäre er nicht so extrem, würde seine Philosophie untergehen. Er muß sich hart durchsetzen, um die Philosophie, aber auch das GNU Projekt am Leben zu erhalten. Und das ist auch gut so.
Da gibt es einen Spruch, der ganz gut passt: "Man muß das unmögliche fordern um das mögliche zu erreichen"

Allgemein zur Person RMS fallen mir immer wieder die Worte von Lawrence Lessig aus seinem Vorwort zu "Free Software; Free Society" ein:

"I don't know Stallman well. I know him well enough to know he is a hard man to like. He is driven, often impatient. His anger can flare at friend as easily as foe. He is uncompromising and persistent; patient in both.

Yet when our world finally comes to understand the power and danger of code -- when it finally sees that code, like laws, or like government, must be transparent to be free -- then we will look back at this uncompromising and persistent programmer and recognize the vision he has fought to make real: the vision of a world where freedom and knowledge survives the compiler. And we will come to see that no man, through his deeds or words, has done as much to make possible the freedom that this next society could have.

We have not earned that freedom yet. We may well fail in securing it. But whether we succeed or fail, in these essays is a picture of what that freedom could be. And in the life that produced these words and works, there is inspiration for anyone who would, like Stallman, fight to create this freedom. "

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hupfdule
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Beitrag von hupfdule » 12.04.2004 19:00:43

jogix hat geschrieben: Und sind wir mal ehrlich - was soll RMS denn machen?! Wäre er nicht so extrem, würde seine Philosophie untergehen. Er muß sich hart durchsetzen, um die Philosophie, aber auch das GNU Projekt am Leben zu erhalten. Und das ist auch gut so.
Ich finde es gut, wenn es Leute mit extremen Einstellungen gibt, um andere Leute mit der Nase auf etwas zu stoßen, was sie sonst nicht sehen würden. Ich sehe jedoch ein Problem darin, wenn eine solche Person die Gallionsfigur einer ganzen Gruppe ist, da das kontraproduktiv wirken kann, wie sich in der Aussage von DavidJ ja auch zeigt:
In vielen Foren oder Kommentaren zu News-Meldungen lese ich immer wieder von Leuten die RMS "nicht leiden" können und in einem Zug GNU als sonstwas abtun und Linux ist ja sowieso Frickelware (TM).

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jogix
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Beitrag von jogix » 13.04.2004 09:33:02

hupfdule hat geschrieben:
jogix hat geschrieben: Und sind wir mal ehrlich - was soll RMS denn machen?! Wäre er nicht so extrem, würde seine Philosophie untergehen. Er muß sich hart durchsetzen, um die Philosophie, aber auch das GNU Projekt am Leben zu erhalten. Und das ist auch gut so.
Ich finde es gut, wenn es Leute mit extremen Einstellungen gibt, um andere Leute mit der Nase auf etwas zu stoßen, was sie sonst nicht sehen würden. Ich sehe jedoch ein Problem darin, wenn eine solche Person die Gallionsfigur einer ganzen Gruppe ist, da das kontraproduktiv wirken kann, wie sich in der Aussage von DavidJ ja auch zeigt:
In vielen Foren oder Kommentaren zu News-Meldungen lese ich immer wieder von Leuten die RMS "nicht leiden" können und in einem Zug GNU als sonstwas abtun und Linux ist ja sowieso Frickelware (TM).
Das liegt aber daran, daß viele Leute nicht zwischen Mensch und Sache differenzieren und sich zudem noch nicht wirklich mit der Materie (sprich den Inhalten) auseinandergesetzt haben.
Und, man muß auch ganz ehrlich sagen, wenn jemand von einem Thema keine Ahnung hat, sollte er sich nicht zu irgendwelchen reißerischen Kommentaren verleiten lassen, sondern erst den inhaltlichen Hintergrund aufarbeiten.
Daher sollte man auf Kommentare mancher Leute eben auch nicht so viel geben, sondern eher, wie es BeS hier gemacht hat, freundlich auf die entsprechenden Hintergründe mit Links hinweisen. In der weiteren Diskussion stellt sich ja dann ganz schnell raus, ob sich einer die Mühe gemacht hat, das Zeug mal zu lesen und zu hinterfragen.
cheers,
Jochen
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