Fragen zu Debian-Richtlinien

Warum Debian und/oder eine seiner Spielarten? Was muss ich vorher wissen? Wo geht es nach der Installation weiter?
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datacrusher
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Fragen zu Debian-Richtlinien

Beitrag von datacrusher » 30.10.2007 21:36:04

Hallo,
ich habe mal ein paar Fragen zu den Grundsätzen des Debianprojektes:

1. In den Debian-Richtilinien für Freie Software steht, dass jedeR Debian frei nutzen darf. Ich habe aber ein paar Bedenken, was diese Aussag betrifft. Zu diesen Bedenken gekommen bin ich über das Fedora-Projekt.
Ich habe mir nämlich kürzlich mal desse Seite angeschauet und dort Richtlinien zur Exportbeschränkung von Fedora vorgefunden. Diese besgan zum Beispiel, dass Fedora aus verschiedenen Gründen nicht in Länder wie Kuba, Iran, Irak, Nord Korea, Sudan and Syrien exportiert werden darf (http://fedoraproject.org/wiki/Distribut ... egulations).

Nachdem ich an die User-Mailingliste des Projektes die Anfrage gestellt hatte, wie es denn sein könne, dass sich eine freie Software solchen Zwängen unterwirft kam in der darauffolgenden Antwort auch zum Ausdruck, dass Fedora nicht die einzige Distribution ist, die solchen Beschränkungen unterliegt und es bei Debian ähnliche Bedingungen gäbe.
Debian kennt diese Problematik auch. Es gibt doch nicht ohne Grund
"debian-non-US". Wenn ich mich nicht täusche, hat dies mit dem Export
von Verschlüsselungstechnologien aus den USA zu tun.
Das verwundert mich etwas und trübt das edle Bild, dass ich vom Debian-Projekt bisher hatte ein wenig. Gibt's dazu genauere Informationen?

2. Es gibt bei Debian die Klausel, dass alle Teile des Systems auch im Quelltext vorliegen müssen.
Heißt das, dass auf jedem Medium, auf dem Debian oder entsprechende Erweiterungen verbreitet werden, immer die Quelltexte aller Programmteile enthalten sein müssen? Oder ist hier die Rede von einer generellen Verfügbarkeit des Quelltextes, also der Möglichkeit sich den Code im Falle eines Falles frei irgendwoher besorgen zu können?
Ich gehe mal davon aus, das ersteres zutrifft: Das würde heißen, dass Debian im Quelltextformat verbreitet werden muss und zusätzlich in kompilierter Form verbreitet werden kann, richtig?


3. Wenn man bspw. eine Erweiterung für Debian schreibt, muss diese unter der gleichen Lizenz stehen, wie das Original, also Debian, richtig?
Außerdem steht auf debian.org, dass die Lizenz im Falle von Veränderungen und Erweiterungen an Debian einen anderen Namen oder eine andere Versionsnummer des Produktes fordern DARF. Gibt es denn überhaupt Fälle in denen das nicht getan wird?
Ich meine es ist doch logisch, dass eine veränderte Debianversion sich entweder durch einen anderen Namen oder eine andere Versionsnummer vom Original abgrenzen muss.

4. Gibt es bei den Bedingungen für Veränderungen und Erweiterungen nochwas zu beachten?

5. Debian behauptet ja, dass es von etwa 1000 freiwilligen Entwicklern aus aller Welt entwickelt werde. Das mag aus der Perspektive des Debian-Projektes ja durchaus stimmen, ABER:
Gibt es nicht auch Leute, die von anderen Softwarefirmen dafür bezahlt werden, bei Debian mitzuarbeiten? Wenn ja, gibt es dafür prominente Beispiele?

Soweit erstmal meine Fragen.

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startx
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Beitrag von startx » 30.10.2007 21:55:45

hallo.

ich moechte nur eben kurz auf einiges eingehen:

erstmal generell: auch freie Software muss sich hier und da gesetzen unterwerfen, soweit es projekte sind
die in bestimmten laendern lokalisiert sind. das hat mit "wollen" nichts zu tun.

zu 1) non-US existiert nicht mehr.

zu 2)
Oder ist hier die Rede von einer generellen Verfügbarkeit des Quelltextes, also der Möglichkeit sich den Code im Falle eines Falles frei irgendwoher besorgen zu können?
genau das.

zu 3)
3. Wenn man bspw. eine Erweiterung für Debian schreibt, muss diese unter der gleichen Lizenz stehen, wie das Original, also Debian, richtig?
definier "Erweiterung von Debian"? du kannst software unter die lizenz stellen die du willst, du kannst aber debian nicht zwingen software unter unfreien oder inkompatiblen lizenzen in die distribution aufzunehmen.

4)
. Gibt es bei den Bedingungen für Veränderungen und Erweiterungen nochwas zu beachten?
s.o. ich verstehe den Begreiff "erweiterung".

5)
Das mag aus der Perspektive des Debian-Projektes ja durchaus stimmen, ABER:
die zaehlung "ueber 1000" bezieht sich auf die package maintainer, also diejenigen die die debian distribution zusammenstellen, nicht die programmierer der einzelnen software projekte.

datacrusher
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Beitrag von datacrusher » 31.10.2007 14:28:06

Hallo,
erstmal vielen Dank für die Antworten.

Nochmal eine Frage zu den Zwängen, denen nun Debian unterliegt:
Wenn es Debian non-US jetzt nicht mehr gibt, heißt das also, dass jeder Mensch Debian in vollem Umfang nutzen darf?
Heißt das vielleicht auch, dass der Funktionsumfang von Debian im Bereich von Kryptografietechniken eingeschränkt wurde?

Zu den "Erweiterungen":
Also unter einer Erweiterung verstehe ich zum Beispiel, wenn man eine auf Debian basierende Linux-Distribution erstellt, die neue Funktionen oder irgendwelche anderen Verbesserungen mit sich bringt.
Oder auch, wenn man einen Teil von Debian in diesem Sinne erweitert.

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Beitrag von gms » 31.10.2007 16:06:44

datacrusher hat geschrieben: Nochmal eine Frage zu den Zwängen, denen nun Debian unterliegt:
Wenn es Debian non-US jetzt nicht mehr gibt, heißt das also, dass jeder Mensch Debian in vollem Umfang nutzen darf?
Heißt das vielleicht auch, dass der Funktionsumfang von Debian im Bereich von Kryptografietechniken eingeschränkt wurde?
Bei Woody ( 2002 ) hat es noch non-us gegeben, seit Sarge ist dieses jedoch obsolete:
http://www.debian.org/releases/sarge/i3 ... l#s-non-us

Grund dafür ist keine Änderung des Funktionsumfangs, sondern das sogenannte Wassenaar Abkommen:
z.B. hier aus Sicht vom mod_ssl:
http://www.modssl.org/docs/2.7/ssl_faq.html#ToC7

Gruß
gms

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Re: Fragen zu Debian-Richtlinien

Beitrag von Meillo » 31.10.2007 19:36:09

datacrusher hat geschrieben:... dass jedeR Debian frei nutzen darf. Ich habe aber ein paar Bedenken, was diese Aussag betrifft.
Weil es hierbei auch um 'non-us' ging: Wichtig ist, dass nur 'main' zur Debian-Distribution gehört, alles andere ist quasi nur Add-On, hat aber mit dem eigentlichen Debian nicht mehr zu tun, als dass es auf den selben Servern liegt und für Debian angepasst wurde.
Oder ist hier die Rede von einer generellen Verfügbarkeit des Quelltextes, also der Möglichkeit sich den Code im Falle eines Falles frei irgendwoher besorgen zu können?
Wichtig ist AFAIR auch, dass der User weiß, woher er den Code besorgen kann.

Wenn man bspw. eine Erweiterung für Debian schreibt, muss diese unter der gleichen Lizenz stehen, wie das Original, also Debian, richtig?
Grundsätzlich hat Debian mal keine Lizenz. Debian akzeptiert nur Programme/Doku/etc die unter freien Lizenzen stehen (frei nach DFSG)
Unabhängig davon sind die vielen Programme, die in Debian enthalten sind und beliebige freie Lizenzen haben dürfen.
Wenn du also Ändern, Erweitern, etc willst, dann kommt es auf die einzelnen Programme an, die betroffen sind. (Debian an sich ist (vereinfacht) ja nur eine Programmsammlung)

Ich meine es ist doch logisch, dass eine veränderte Debianversion sich entweder durch einen anderen Namen oder eine andere Versionsnummer vom Original abgrenzen muss.
(Du meinst wohl wieder einzelne Programme statt der Distribution)
Üblicherweise würde man einen anderen Namen wählen, Wenn der Name aber nicht geschützt ist und auch sonst nirgends verboten ist, ihn zu verwenden, dann kann es dir AFAIK niemand verbieten.
4. Gibt es bei den Bedingungen für Veränderungen und Erweiterungen nochwas zu beachten?
Müsste alles in der entsprechenden Lizenz stehen.
Gibt es nicht auch Leute, die von anderen Softwarefirmen dafür bezahlt werden, bei Debian mitzuarbeiten? Wenn ja, gibt es dafür prominente Beispiele?
Klar. Manche der "bedeutenden" Debian-Entwickler dürfen von ihrem Arbeitgeber aus einen gewissen Prozentsatz ihrer Arbeitszeit für Debian verwenden.


Nochmal eine Frage zu den Zwängen, denen nun Debian unterliegt:
Wenn es Debian non-US jetzt nicht mehr gibt, heißt das also, dass jeder Mensch Debian in vollem Umfang nutzen darf?
Heißt das vielleicht auch, dass der Funktionsumfang von Debian im Bereich von Kryptografietechniken eingeschränkt wurde?
Ein Beispiel für die Einschränkung ist die libdvdcss2, da die rechtlich etwas problematisch ist, ist sie nicht in Debian enthalten. Man muss sie halt von debian-multimedia.org oder so separat installieren.
Use ed once in a while!

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Beitrag von startx » 31.10.2007 22:29:58

Nochmal eine Frage zu den Zwängen, denen nun Debian unterliegt:
debian versucht vor allem software die wirklich frei ist ("frei" wie in freiheit) von anderer software abzugrenzen
und klar zu unterscheiden. deshalb wird software deren lizenz umstritten oder teilweise die freiheit des users
einschraenkt, aber trotzem irgendwie benoetigt wird, nicht im "main" zweig der distribution, sondern in "non-free"
oder "contrib".

darin unterscheidet sich debian von einigen anderen distributionen, die z.t. unfreie software direkt in die distribution
einbauen.

debian nimmt lizenz fragen sehr ernst, weil sich dass projekt im klaren darueber ist, dass jedes "verwaschen" irgendwann
abhaengigkeiten schafft die dann nur schwer aufzuloesen sind. manchmal koennen dies banale dinge sein, die in lizensfragen unerfahrenen usern nicht auf den ersten blick einleuchten: bekanntestes beispiel ist wohl debians fork
von firefox, bei debian deshalb "iceweasel" genannt. hintergrund war dass die mozilla foundation debian untersagte
einen, wenn auch banalen aber fuer die integration in debian benoetigten patch des logos einzupflegen. deshalb heisst der browser bei debian "iceweasel", auch wenn die codebasis die gleiche ist.

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Beitrag von armin » 31.10.2007 22:44:30

In diesem Zusammenhang sind auch die DFSG (Debian Free Software Guidelines) interessant: http://www.debian.org/social_contract.d ... guidelines
Formerly known as Trigger.
HP 8510p - Debian Sid
Mitglied des Debian-KDE-Teams

datacrusher
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Re: Fragen zu Debian-Richtlinien

Beitrag von datacrusher » 02.11.2007 10:39:40

Grundsätzlich hat Debian mal keine Lizenz. Debian akzeptiert nur Programme/Doku/etc die unter freien Lizenzen stehen (frei nach DFSG)
Unabhängig davon sind die vielen Programme, die in Debian enthalten sind und beliebige freie Lizenzen haben dürfen.
Wenn du also Ändern, Erweitern, etc willst, dann kommt es auf die einzelnen Programme an, die betroffen sind. (Debian an sich ist (vereinfacht) ja nur eine Programmsammlung)
Das heißt also:
1. JedeR darf Debian und seine Komponenten frei verändern und anpassen.
2. Ob diese Veränderungen dann Teil der Distri werden, hängt von der Lizenz ab (frei nach DFSG) und davon, ob die Entwickler des bestimmten Programms die Veränderungen bei sich einbauen.
Obwohl: Es könnte ja wiederum auch sein, dass sich nur das Debian-Projekt entscheidet bestimmte Veränderungen an einem Programm vorzunehmen und die Entwickler der eigentlichen Software (z.B. GIMP) nicht, oder?

Und um nochmal die Gegenfrage zu stellen: Was passiert, wenn ich z.B. eine auf Debian basierende Distribution bastle und die unter eine unfreie Lizenz stelle?

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Beitrag von startx » 02.11.2007 12:14:01

Obwohl: Es könnte ja wiederum auch sein, dass sich nur das Debian-Projekt entscheidet bestimmte Veränderungen an einem Programm vorzunehmen und die Entwickler der eigentlichen Software (z.B. GIMP) nicht, oder?
ja, dafuer gibt es ja die debian patches.

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Re: Fragen zu Debian-Richtlinien

Beitrag von Noar » 02.11.2007 12:37:37

datacrusher hat geschrieben:Und um nochmal die Gegenfrage zu stellen: Was passiert, wenn ich z.B. eine auf Debian basierende Distribution bastle und die unter eine unfreie Lizenz stelle?
Nun, du darfs die Lizenz nicht ändern. Also würdes du in dem von dir konstruierten Fall gegen die Lizenz verstoßen und könntest ggf. gerichtlich belangt werden.
So habe ich es jedenfalls bisher immer verstanden. Hoffe, das stimmt.
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