Nach OSS auch Open Hardware?

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Natas12
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Nach OSS auch Open Hardware?

Beitrag von Natas12 » 02.02.2003 13:39:55

hallo,

hier ein interessanter artikel aus der aktuellen FREITAG. es geht um den nächsten logischen schritt von der open-source software zur open-source HARDWARE... sehr spannend, das...
http://www.freitag.de/2003/06/03061801.php

gruß

natas12

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startx
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Beitrag von startx » 11.02.2003 22:15:57

Hallo Natas12.

komisch dass niemand so recht auf deinen link antworten wollte.
ja, das mit der open hardware wurde glaub ich schon mal in den 80zigern
diskutiert.

ich finde das vor allem unter dem aspekt interessant, das dies längerfristig ein
ansatz seien könnte, um tcpa und consorten das fürchten zu lehren.
schliesslich ist tcpa ja der versuch, die "ausser kontrolle geratende" softwarewelt
zu zähmen.
dass gilt auch für drm. übrigens tun die leute, die sich heute alte cdrom-laufwerke
bunkern, ja schon einen ersten schritt in richtung "unabhängige hardware".

startx.

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 12.02.2003 08:19:03

das mit den 80er jahren wußte ich nicht... aber ich fände es schon faszinierend, mir daheim meinen prozessor samt hauptplatine einfach "auszudrucken". alle welt redet von der flexibiliät und der leistungsfähigkeit der informationstechnologie, aber die wirklich sinnvollen ansätze werden wohl (da sie am besitzstand großer firmen nagen) leider nie umgesetzt... abwarten, was draus wird... möglicherweise finden sich derartige schaltungen ja bald in "haushaltsgeräten", die dann mit "zusatzintelligenz" ausgestattet werden...

gruß

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abi
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Beitrag von abi » 12.02.2003 09:50:21

OpenHardware währ der HAMMER.
Völlige Unabhängigkeit gegenüber großer Firmen.

Es gibt ja schon viele Homeprozessorprojekte, kommen aber leider meist nicht über 8 Bit hinaus.

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Beitrag von glatzor » 12.02.2003 10:06:33

@Natas12: Welche Inovationen werden denn nicht durchgesetzt? Ich kenne mich im Bereich Hardware nicht besonder aus. (Ich kann nicht mal mehr die ganzen RAM-Typen auseinaderhalten)

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Beitrag von startx » 12.02.2003 10:59:57

hat sich jemand von euch schon mal damit beschäftigt?
http://www.opencores.org/mission.shtml

ausserdem gibt es hier reichlich zu lesen
http://opencollector.org/Whyfree/

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Beitrag von startx » 12.02.2003 12:50:39

noch was, leider ziemlich out of date.
aber immerhin zeigt es dass es da schon ernsthafte versuche gab/gibt:

http://f-cpu.tux.org/original/

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Beitrag von Natas12 » 12.02.2003 13:05:01

na ja, was nicht durechgesetzt wird sind technoligien, die eigentlich sinnvoll wären, jedoch eben nie hergestellt werden (hu, toller satz... ;o) ): also der gesamte bereich der "vaporware". erinnert sichbeispielsweise jemand an dieses gerät, welches man angeblich in eine normale kamera einstöpseln kann und welches daraus dann eine digicam macht? ist bis heute nicht gebaut worden. ist aber auch klar: dann könnte man seine alte kamera behalten und müßte keine neuen kaufen. das mit dem RAM-speicher tangiert ein ähnliches thema: die industrie zwingt die käufer, bestimmte technologien nicht verbinden zu können und schadet sich damit langfirstig selbst. open hardware wäre auch ein beispiel: produktion "on demand" sozusagen und das auch noch ziemlich demokratisch (jeder mit einem drucker kann mitmachen). aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das nie nie nie nie passieren wird. ein anderes beispiel sind medikamente: bestimmte medikamente werden nicht hergestellt, weil sie die krankheiten zu effektiv heilen und dem geldverdienen so auf lange sicht schaden - siehe malaria. "verschwörungstheoretiker" glauben sogar, dass das aidsvirus womöglich schon zu besiegen bzw. besser in schach zu halten wäre, wenn große konzerne nicht das dicke geld witterten, welches sie mit der abhängigkeit der "kunden" verdienen können... und und und... energietechnologie wäre ein weiterer sektor (stichwort: dezentralisierung, blockheizkraftwerke, kraft-wärme-koppelung), etc. last but not least ist es (noch) das "problem" mit linux - auch linux steht "im weg", obwohl es IMHO eine der großartigsten erfindungen seit des buchdrucks ist (das meine ich ernst!), da es informationen demokratisiert und zumindest theoretisch jeden teilhaben läßt und jedem "eine stimme" gibt...

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Beowulf666
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Beitrag von Beowulf666 » 12.02.2003 13:15:37

Steht Linux im Weg oder ist es die GPL?

OSH ist nen interessanter Ansatz.
Aber technisch sind imho keine Systeme mit aktueller Leistung möglich.
Aber wer braucht die heute gebotene Leistung denn schon wirklich?
Ausser für SETI oder zum DVD-Rippen.

Für viele Anwendungsgebiete wären kleine Embedded-Systeme einfach besser.
Und für die reicht die Leistung von OSH!

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 12.02.2003 13:58:36

nun, wahrscheinlich die GPL, da hast du recht. die GPL realisiert ja eigentlich das, was durch den buchdruck verhindert wurde: um "eine stimme" zu haben, mußt du jemanden finden, der diese stimme auch "verbreitet". nun ist der buchdruck nicht so undemokratisch wie es aussehen mag - schließlich hat er das wissen aus den klöstern befreit... ;o)

was die GPL jedoch realisiert ist folgendes: jede information, jedes musikstück und jedes dokument entsteht in einem gesellschaftlichen rahmen und wird durch diesen rahmen "getragen". das bedeutet, dass die gesellschaft einen anteil daran hat. keine gesellschaft = kein werk. die GPL stellt sicher, dass information, die kollektiveigentum ist, auch kollektiveigentum bleibt.

natürlich sträuben sich viele menschen dagegen... denn prinzipiell ist das kommunismus... 8)

sehr zu empfehlen ist das buch "freie software" von volker grasmuck, welches für läppische 2 euro zu haben ist:
http://www.bpb.de/publikationen/0172574 ... entum.html

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Six
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Beitrag von Six » 12.02.2003 18:45:49

Ich verstehe dein Argument bezgl. bzw. im Zusammenhang mit der GPL nicht.

Bei der GPL handelt es sich um einen Lizenz (GNU Public License) und nicht um einen Vertrag. Lizenzen legen einseitig durch den Copyright- oder sonstige Rechteinhaber Nutzungsbedingungen fest, Verträge etablieren Ansprüche unter- und gegeneinander durch Absprache aller Vertragsparteien.

Außerdem widerspreche ich der Annahme, daß die Kontextualität des Herstellers eines Werkes ein Benutzungs- oder gar Eigentumsrecht einer Gesellschaft gegenüber dem Hersteller erzeugt. Der schöpferische Aspekt scheint mir recht offensichtlich beim Individuum zu liegen, das zwar kontextuell geprägt sein mag, aber auch hoffentlich nicht Marionette einer kontingent bestehenden Gesellschaftsform ist.

Zurück zur Hardware. OSH ist ein interessantes Konzept, das aber wesentlichen Einschränkungen gegenüber OSS unterliegt. Warum dies so ist, liegt auf der Hand, aber ich führe es trotzdem kurz aus. Die offensichtlichste Einschränkung ist, daß ich normalerweise nicht in der Lage bin, Hardware eines bestimmten Niveaus herzustellen. Selbst ein simpler silikonbasierter Mikropozessor erfordert ein bestimmtes "gewußt wie" und vor allem bestimmte technische Gegebenheiten. Ich habe einfach keinen "clean room" im Keller. Hardware Entwicklung unterliegt einem sehr praktischen "Debugging" Prozeß, der im Gegensatz zu Software oft sehr kostenintensiv ist und ebenfalls bestimmte technische Vorraussetzungen erfordert - auch wenn heutzutage vieles erstmal simuliert wird.

Halten wir also fest, daß die Vorraussetzungen für OSH und OSS stark von einander abweichen. OSS kann fast jeder mit geringem technischem Aufwand erzeugen, OSH nicht. Nichtsdestotrotz ist OSH ein interessantes und nützliches Konzept und zwar im Bereich des Patent- und Lizenzrechtes. Technologien mit offenen oder sehr günstigen Lizenzen haben immer wieder, trotz technischer Unterlegenheit (z. B. VHS vs. Video2000 oder Microchannel vs. EISA/Vesa Local Bus), enorme Kostenreduktionen für den Endverbraucher bewirkt. Alleine um also kostengünstige Alternativen zu erhalten, kann OSH schon ein wirksames Werkzueg sein. Vom Aufbrechen geschlossener Standards durch OSH in einem Manöver a la Internet Explorer vs. Netscape (d. h. billiger für den Endverbraucher) kann man momentan noch nichts sehen, aber es ist definitiv eine Möglichkeit.

Insofern: Förderungswürdig ;-)

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Dookie
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Beitrag von Dookie » 12.02.2003 19:16:18

Hallo zusammen,

von der Idee her ist Openhardware und wenn man nach z.B. Indien schaut sicher eine Chance für 3.Weltländer. Die Frage bleibt, wer die Entwicklungen im Bereich Hardware, die ja auch sehr Kostenintensiv sind, dann tragen soll?


Gruß

Dookie

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Beitrag von startx » 12.02.2003 20:55:37

weil wir grad dabei sind:

gibt es eigentlich ein opensource bios?
ich meine ein bios, mit dem ich zum beispiel einen bios chip flashen könnte.

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Beitrag von abi » 12.02.2003 21:28:10

startx hat geschrieben:weil wir grad dabei sind:

gibt es eigentlich ein opensource bios?
ich meine ein bios, mit dem ich zum beispiel einen bios chip flashen könnte.
ja, OpenBios, soll auch schon ganz gut funzen.

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Beitrag von Natas12 » 13.02.2003 11:01:18

@six:
natürlich ist zunächst das individuum schöpfer von software, literatur, etc. nur agiert dieses nicht in einem "luftleeren" raum - es hat eine bestimmte sozialisation erfahren, es hat bildungseinrichtungen besucht, klassenspezifische erfahrungen gesammelt, die sozusagen die "grenzen des gehirns" festlegen. bestimmte personenkreise sind durch ihre position privilegiert und von bestimmten praktiken befreit. dadurch sind sie in der lage, dinge zu tun, die andere menschen nicht tun. denn objektiv gesehen hat z.b. jeder die möglichkeit, sich eine schreibmaschine zu kaufen und ein buch zu schreiben. die wenigsten menschen tun das. warum ist das so? weil mit "intentionsloser intentionalität" der lebensstil und die praktiken gewählt werden, die zu einem passen. für bestimmte menschen sind einige dinge undenkbar oder unmöglich.
innerhalb dieser grenzen ist man erfinderisch und in seinen handlungen nicht determiniert. nur kommt man über seine grenzen, die man, da man ja nichts anderes kennt, als natürlich ansieht, nicht hinaus.

insofern sehe ich da keinen widerspruch zu deiner position: es sind individuen, die "schöpferisch" agieren und ihre kreativen leistungen lassen sich nicht aus gesellschaftlichen verhältnissen 1:1 ableiten. aber sie schöpfen sozusagen aus dem "vorhandenen". sie sind frei, das zu tun, was innerhalb ihrer grenzen möglich ist, kommen jedoch nicht darüber hinaus.

bezüglich der GPL wollte ich damit ausdrücken, dass sie die kreativen leistungen des einzelnen der gesellschaft zugute kommen läßt, die erst durch ihre struktur dazu beigetragen hat, dass der akteur überhaupt in die lage versetzt wurde, seiner "kreativität freien lauf zu lassen". was diese kreativität dann letztendlich erzeugt, hängt ganz vom individuum ab...

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Six
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Beitrag von Six » 13.02.2003 15:14:43

Natas12 hat geschrieben:@six:
natürlich ist zunächst das individuum schöpfer von software, literatur, etc. nur agiert dieses nicht in einem "luftleeren" raum - es hat eine bestimmte sozialisation erfahren, es hat bildungseinrichtungen besucht, klassenspezifische erfahrungen gesammelt, die sozusagen die "grenzen des gehirns" festlegen.
Das ist ein recht materialistisches Weltbild, das du da hast. Als erstes möchte ich eine Unterscheidung einführen. "Die Gesellschaft" halte ich für unwahrscheinlich. Vielmehr sehen wir zahlreiche Gruppierungen, die sich hin und wieder in den verschiedensten Bereichen überschneiden und so vielleicht über viele Verbindungsglieder etwas bilden, was man evtl. "die Gesellschaft" nennen könnte. Ich bezweifel aber stark, daß sich der gesamte Komplex auch nur auf eine Sache einigen könnte. Ich rede daher von Gruppen und verabschiede mich von Gesellschaft.
Das es eine wechselseitige Beziehung Gruppe-Individuum-Gruppe gibt, scheint mir offensichtlich, aber ich behaupte sie ist asymetrisch. Vielmehr glaube ich, daß Individuen ihre besondere Schöpferkraft ausüben, indem sie über den gruppenspezifischen Rahmen hinaus arbeiten. Gruppen verändern sich wegen der Individuen und nicht umgekehrt. Eine genaue Beobachtung der Wissenschaftshistorie leistet da gute Dienste, offenbart sie doch geradezu willkürlich anmutende Vorgänge der Erkenntnis oder platter: des Fortschritts.
bestimmte personenkreise sind durch ihre position privilegiert und von bestimmten praktiken befreit. dadurch sind sie in der lage, dinge zu tun, die andere menschen nicht tun. denn objektiv gesehen hat z.b. jeder die möglichkeit, sich eine schreibmaschine zu kaufen und ein buch zu schreiben. die wenigsten menschen tun das. warum ist das so? weil mit "intentionsloser intentionalität" der lebensstil und die praktiken gewählt werden, die zu einem passen. für bestimmte menschen sind einige dinge undenkbar oder unmöglich.
Du setzt "intentionslose intentionalität" in Anführungszeichen. Ist das ein Zitat oder eine Distanzierung? So oder so, Kannst du mir erklären was das heißt?
Aber: der Punkt des letzten Absatzes wäre? Menschen sind nicht gleich im Sinne sozialer und biologischer Bedingungen. Es gibt keine Gleichheit, jenseits der von Menschen gemachten und diese Gleichheit kann nur Regelgleichheit oder auch Regelgerechtigkeit sein. Regelgleichheit bedeutet, daß jeder eine Schreibmaschine kaufen kann, sie benutzen kann und sonstwas damit machen kann. Sie bedeutet nicht, daß das auch jeder muß. Es ist eine Wahl und sei sie noch so implizit, und Wahl wird als Entscheidung getroffen und nicht, weil es "zu einem pass[t]".
innerhalb dieser grenzen ist man erfinderisch und in seinen handlungen nicht determiniert. nur kommt man über seine grenzen, die man, da man ja nichts anderes kennt, als natürlich ansieht, nicht hinaus.
Meine Meinung dazu ist bekannt. Siehe oben.
insofern sehe ich da keinen widerspruch zu deiner position: es sind individuen, die "schöpferisch" agieren und ihre kreativen leistungen lassen sich nicht aus gesellschaftlichen verhältnissen 1:1 ableiten. aber sie schöpfen sozusagen aus dem "vorhandenen". sie sind frei, das zu tun, was innerhalb ihrer grenzen möglich ist, kommen jedoch nicht darüber hinaus.
Ich habe nichts gegen Grenzen. Aber ich sage, "die Gesellschaft" ist es nicht. Gruppen entwickeln sich nicht einfach so vor sich hin und das Individuum soll als Geworfenes damit zurechtkommen. Gruppen sind Konstrukte der Individuen, sie entstehen aus Interaktion und ob sich ein Individuum mit einer Gruppe identifiziert oder nicht ist eine ganz entscheidend individuelle Frage. Ob es Sitten (oder Grenzen) einer Gruppe akzeptiert ist ganz entscheidend eine individuelle Frage. Insofern kann eine Gruppe ein Individuum garnicht aufhalten (Sanktionsmechanismen mal außer acht lassend), wenn es sich dagegen entschieden hat.

Das erstmal gesagt, muß ich einräumen, daß sich ein bestimmter Trend erkennen läßt, der einen "richtigen" oder "wahren" Weg herrausstellt und soziale Sanktionen kennt, um Konformität zu erzwingen. Der leider kürzlich verstorbene Denker Ivan Illich nannte solche Konstrukte "radikale Monopole". Ich empfehle jedem die Lektüre "Nemesis der Medizin" oder für Kurzstreckenleser "Entschulung der Gesellschaft". Ich denke aber nicht, daß jenes das Gleiche ist, was du meinst.
bezüglich der GPL wollte ich damit ausdrücken, dass sie die kreativen leistungen des einzelnen der gesellschaft zugute kommen läßt, die erst durch ihre struktur dazu beigetragen hat, dass der akteur überhaupt in die lage versetzt wurde, seiner "kreativität freien lauf zu lassen". was diese kreativität dann letztendlich erzeugt, hängt ganz vom individuum ab...
Nun, ich bin auch ohne GPL dazu in der Lage, die kreativen Leistungen einer Vielzahl von Menschen zu genießen. Ich lese ein Buch und profitiere davon, ich kann es anschließend verkaufen oder verbrennen, es steht mir frei. "Die Gesellschaft" profitiert und der Kreative profitiert auch, denn er ist der Rechteinhaber und kann daran verdienen, daß er z. B. Kopien erstellen darf.
Die GPL hat es ja niemanden erst möglich gemacht kreativ zu sein, sonst hätte die Kreativität ihre Geburt erst im letzten Jahrhundert gefeiert, lange nach der Erfindung des Rades, der Schrift oder der Dampfmaschine. Daher auch mein Einwand, die GPL ist eine Nutzungslizenz. Sie bestimmt, wie ich als Nutznießer mit dem Produkt umzugehen habe. Wobei man sich die Perversion des Lizenzgedanken überhaupt erstmal vor Augen führen muß 8O

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 13.02.2003 16:22:24

ich glaube wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt, wie es aussehen mag... :wink:

worum es geht ist natürlich viel komplexer, als ich es in meinem posting ausgedrückt habe. dies ist nicht der ort, um teiefe soziologische und wissenschaftstheoretische fragen zu diskutieren. das ist jetzt nicht als ausflucht oder "patzigkeit" zu verstehen sondern einfach ein zugeständnis daran, dass wor wohl beide nur begrenzt zeit haben und uns unsere freundinnen die ohren langziehen, wenn wir stundenlang vor dem rechner sitzen... also noch länger als ohnehin schon... :wink:

deswegen will ich nur verweisen, auf wessen theoretische position ich mich beziehe, die ich für eine der herausragendsten theorien der gesamten soziologie halte: es sind die theorien pierre bourdieus, der sich eingehend damit beschäftigt hat, wie struktur und gesellschaftliche praxis zusammenwirken und wie beschränkt doch das ist, was wir "freien willen" oder "geschmack" nennen, und wie unsere eigenen wahrnehmungen und urteile über die welt von sozialstrukturellen gegebenheiten abhängen, jedoch nicht determiniert sind.

"intentionslose intentionalität" ist ein zitat und bezeichnet eine paradoxe situation: menschen handeln ihrem habitus gemäß, der weder produkt absoluter wahlfreiheit, noch eine widerspiegelung sozialer Strukturen ist. er ist das vermittlungsglied zwischen der gesellschaft, in der wir zwangsläufig immer "drin sind" und unserem denken, fühlen und handeln.

die frage, die sich bourdieu gestellt hat, war: weshalb tun bestimmte gruppen dieses und andere gruppen dieses eben nicht, obwohl sie die möglichkeit hätten. wieso treffen menschen, die (wie du ja imho richtig schreibst) eine freie wahl haben, bestimmte entscheidungen nur dann, wenn sie sich in einem bestimmten ges. rahmen bewegen (das museum besuchen, goethe lesen, im debianforum beiträge schreiben, etc.)?

die antwort auf diese frage ist spannend und eine (damit will ich meine lobhudelei abschließen) meisterleistung der soziologie: bourdieu verbindet den blick auf das "objektive" (wieviel geld, bildung, ansehen eine person besizt) mit dem subjektiven (lieblingsmusik, urlaubsort, kleidung, nahrung, etc). was dabei herauskommt ist z.t. erschreckend.

wenn man sich damit mal befasst hat, entwickelt man ein extremes sendungsbewußtsein... man findet in alltäglichen situationen plötzlich dinge, die man vorher nicht gesehen hat und fängt an, andere leute mit sätzen wie "bourdieu hätte gesagt, dass..." zu nerven.... ich hoffe also, ich habe nicht zu viel genervt....


:lol:

so long

natas12

... der den bezug zu GPL und open-hardware nun vollends verloren hat... ;o)

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Beitrag von Six » 14.02.2003 13:39:47

Na gut. Meine Positionen sind meine Eigenen, hoffe ich. Am ehesten würde ich Kuhns "The Structure of Scientific Revolutions", Feyerabends "Wider den Methodenzwang" und "Erkenntnis für freie Menschen", Rortys "Kontingenz, Ironie und Solidarität", Mills "On Liberty" und von Hayeks "Verfassung der Freiheit" als Quelle meiner Auffassungen beschreiben. Methodisch halte ich mich an Wittgensteins "Blaues Buch" und Gadamers "Vernunft im Zeitalter der Wissenschaft" und "Wahrheit und Methode".

Als Synopsis biete ich an, daß die Umstände - auch die du beschreibst - ihre Wirkmächtigkeit dadurch erhalten, daß sie sozial konstruiert werden und sich damit in eine "Feedbackschleife" begegeben. Ich werde mir trotzdem mal Herrn Bourdieu durchlesen...

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Beitrag von Natas12 » 14.02.2003 17:11:19

ou, dann viel vergnügen.... :twisted:

ist nämlich wirklich ein hammerbrocken und ziemlich schwer verdaulich... empfehlenswert ist eine gute einführung, z.b aus dem junius-verlag (die sind generell zu empfehlen). aber wer sich durch wittgenstein und gadamer durchgequält hat, kann sich auch die 900 seiten der "feinen unterschiede" reinziehen... :P

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