Zum Inhalt: Im Gegensatz zu vielen Vorhergehendem Quatsch der hier einfach mal wieder angenommen wurde finde ich das rein Handwerklich eigentlich gut umgesetzt. Wenn man das jetzt hart durchsetzen würde, würde das wenig kaputt machen und tatsächlich funktionieren
Zuerst mal an wen sich das richtet:
Das ganze gilt nur für Anbieter von Betriebssysteme nach Deutschland die üblicherweise von Kindern genutzt werden. Irgend welches Zeug, was irgend jemand in China baut oder irgend welche Bastelprojekte oder Steuerungssysteme die sowas von Natur aus nicht umsetzen würden und können sind also mal außen vor und könnten weiterleben.
Da aber die großen Mirrors, Distro organisationen, Veräufer von Hardware.. sicherstellen müssen das das von ihnen verkaufte Zeug den Anforderungen genügt, wäre genug druck da, dass sowas entwickelt und angeboten wird.
Wie das ganze funktioniert:
- Das Betriebssystem hat sicherzustellen das passende Nutzer anlegen kann (was eh jedes für Kinder übliche OS kann selbst Windows hat es gelernt), die nur Software aus passenden verifizierten Quellen nutzen können. iOS hat das sowieso. Unter Android kann man die Option für Sideloading aus den Einstellungen ausblenden. Auch Windows hat längst passende Gruppenrichtlinien für MDM unter GNU/Linux könnte man /home noexec mounten und für Kinderaccounts Zugriffe auf Interpreter über ne Kindergruppe verhindern. (Da bash, awk und python deutlich häufiger genutzt werden wie wo anders wäre das der dickste Brocken. Könnte man aber machen. Es würden sich sicher alternative Nutzungsweisen finden iOS lebte ja auch ewig mit Interpreterverbot.) Wäre jetzt nicht schwer da ne passende Option in den Installer zu packen. Wenn das EU-Gesetz wäre würde man das nach etwas Diskussion genau so umsetze wie die EU-Vorgaben zu Wifi. Da das ganze optional bleibt und nur die Auswahloption da sein muss, würde sich am Ende keinen Jucken, weil man die halt einfach abschalten kann. Debian hat ja sogar irgend wann den deutlich härter alle betreffenden Kernel-Lockdown akzeptiert um den MS-Vorgaben für secure-boot zu genügen.
- Anwendungen in den Quellen müssen entweder den Richtlinien fürs passende Alter genügen oder nur für Nutzer im von der in den Quellen angegeben Alter verfügbar sein. Auch das ließe sich einfach über Gruppen regeln.
- Anwendungen müssen in den Quellen passend fürs Alter geflagged sein. Das ist erst mal Arbeit. Aber da alles was in der EU in Stores vertrieben wird eh schon passend geflagged sein muss und ein Großteil der Software (VLC-Player...) eh schon im MS-Store oder Playstore hängt ist das überschaubar. Ja die Maintainer würden stöhnen aber am Ende melden sie auch brav alle genutzte Verschlüsslung an passende US-Behörden (und überlasten damit dort jährlich die E-Mail-Server) um den dortigen Verschlüsselungsvorschriften zu genügen. Das KJM bietet ein Formular dass man lediglich nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen muss und dann ein passendes Alter ausspuckt. Ist schon zumutbar. Es würde also durchaus massenhaft Software für Kinder zur Verfügung stehen und andere halt nicht.
- Anbieter die ihre Online-Inhalten ausdrücklich an Deutsche richten müssen ihre Inhalte passend markieren (Websiten z.B. über die ages.xml). Und zwar explizit passend. Schlicht als 18 flaggen ist verboten. Auch da wird man also schnell einige aber nicht alle Angebote haben
- Für Firefox und Chrome bietet das KJM schon passende Plugins, die die auswerten können und dann nur Inhalte von Webseiten mit passendem Angebot anzeigen. Andere können einfach folgen.
Warum das ganze Hand und Fuß hat und 90% der Kritik hier Unfug ist:
- Das Ding ist konkret. Statt irgend herbeizuphantasieren dass sich schon irgend jemand irgend was ausdenken wird, dass ein gewisses Ziel erfüllt, gibt das Ding genaue Schritte vor was wer zu machen hat. – Ausnahme bildet ein bisschen der Absatz zur Suchmaschine. Aber es gibt sehr wenige Suchmschienenbetreiber, die hier aktiv sind. Kann schon sein, dass die sich was ausdenken.
- Die Aufgaben liegen wirklich bei den Leuten, die die auch real umsetzen können. Nicht irgend welche Provider, die plötzlich wissen sollen, was in verschlüsselten Nachrichten steckt. Klarer Verlierer sind Kleinstprojekte wie private Websiten, die sich jetzt erst mal nen Wochenende mit dem Fragebogen vom KJM auseinander setzen müssten und eventuell lieber dicht machen. Aber das bewegt sich alles im Machbaren und es gibt sicher genug, die das machen.
- Da es sich ausdrücklich an Sachen richtet die hier in Deutschland aktiv sind, hat man durchaus die Möglichkeit das durchzusetzen. Alles andere wird geblockt. Da das doch relativ viele sind und die explizit passend arbeiten müssen, würde da auch ein passendes Angebot entstehen, dass Kinder wahrnehmen können. Man macht sich nicht die Illusionen Tempel-OS von irgend einem Spinner aus de n USA sanktionieren zu können. Aber Microsoft, Mirror-Betreiber (UNIs) oder KDE die hier Organisationen mit Mitarbeitern, Bankkonten und Büros unterhalten werden genug Interesse haben das umzusetzen
- Das ganze ist optional. Wer kein Bock auf das ganze hat oder mit dessen Anforderungen das nicht zusammen passt (z.B. weil er auf vornehmlich ausländische Dienste zugreifen möchte oder programmieren will) klickt sich halt einfach einen nicht-Kinder Account und hat keine Einschränkungen. Das gilt insbesondere für root/Admin-Accounts unter GNU bzw. Windows, die man naturgemäß nicht so einfach einschränken kann.
- Es gibt keinerlei Einschränkungen in Richtung Hardware. Das soll explizit eine Abfrage bei der Inbetriebnahme sein. Die "Lücke" der Neuinstalltion ist also ziemlich offensichtlich. Ich interpretiere das jetzt mal gutmütig nicht als Inkompetenz sondern als Feature: Es geht hier um sehr kleine Kinder die noch keine Ahnung haben was sie da tun oder um etwas ältere, die den Regeln ihrer Eltern weitestgehend vertrauen und die vielleicht nur ein bisschen neugierig sind was sich jetzt hinter der XXX-App verbirgt und relativ schnell aufhören wenn die Meldung kommt, dass Papa das verboten hat. Nicht um die horny-15-Jährige die das Material, dass sie sonst immer mit ihrem Freund anguckt zuhause angucken will, so lange der mit seinen Eltern im Urlaub ist und sich dafür eventeull sogar heimlich einen alten Laptop besorgt.
Warum das nicht funktioniert
- So wie es 1983 mit dem Telefonnetz nicht mehr zeitgemäß das jedes Bundesland seine eigenen Jugendschutzregeln für passende Telefondienste hatte und sich die Bundesländer auf etwas gemeinsames einigen mussten, ist es 2024 in Zeiten des Internets nicht mehr zeitgemäß dass jedes EU-Land seinen eigenen hat. Webseitenanbieter sehen eventuell ein, eigene abfragen für die EU und die USA zu machen aber ganz sicher nicht 200 abfragen für jedes einzelne Land in dessen Landesprache sie verfügbar sind.
- Deutschland ist so häufig mit unsinnigen Gesetzen in die Richtung aufgefallen, die dann mangels Umsetzbarkeit nicht durchgesetzt werden dass alle erst mal hoffen werden, nicht der erste zu sein, der verklagt wird und sich erst mal angucken, was später passiert, ob das nicht direkt wieder zurück gerollt wird und was die Gerichte sagen bevor man sich die Mühe macht, das umzusetzen.
- Da die EU längst Richtlinien zum Jugendschutz hat und weitere entwickelt ist es nicht nur nicht sinnvoll da die Länder eigene Gesetze machen, sie dürfen es auch nicht mehr. Entsprechend werden die Gerichte urteilen.
Ich nehme an, dass sie Länder hier gehofft haben, schnell einen sinnvollen "Vorschlag" zu machen an dem sie ja schon einige Jahre entwickeln. (Länger als der DSA in Planung war.) und hoffen, dass dann einiges in EU-Recht adaptiert wird, damit die Arbeit nicht für die Katz war. Real tippe ich dass das eher aufs Gegenteil hinaus läuft und von Seiten der EU Unverständnis für die Querschießerei hervorruft.