thunder11 hat geschrieben: 19.12.2024 09:41:07
Es scheint mir, als hätte hier niemand gelesen, worum es geht:
Und mir scheint, daß sich niemand mal die Mühe gemacht hat, die Entscheidungen des EGMR insbesondere auch zur Informations- und Meinungsfreiheit zu analysieren; die EMRK, zu der der EGMR entscheidet, ist im Rang von Bundesrecht und bei jedem staatlichen Handeln mitsamt den Entscheidungen des EGMR zu beachten. Und da steht ausdrücklich "alle staatlichen Organe", also auch alle Länder, Landkreise und ihre untergeordneten Behörden, Gemeinden, etc.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2004
- 2 BvR 1481/04 -, Rn. 1-73,
http://www.bverfg.de/e/rs20041014_2bvr148104.html
Teilzitat Rn. 50
Die Europäische Menschenrechtskonvention gilt in der deutschen Rechtsordnung im Range eines Bundesgesetzes und ist bei der Interpretation des nationalen Rechts – auch der Grundrechte und rechtsstaatlichen Garantien – zu berücksichtigen (1.). Die Bindungswirkung einer Entscheidung des Gerichtshofs erstreckt sich auf alle staatlichen Organe und verpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen konventionsgemäßen Zustand herzustellen ...
Und, übrigens, auch in Belangen Medien und Rundfunk haben die Länder keine Befugnis, sich über die völkerrechtlichen Pflichten des Bundes hinwegzusetzen.
Rundfunkentscheidung, die beim BVerfG selber offenbar nicht online ist
BVerfG, 28.02.1961 - 2 BvG 1,2/60
https://opinioiuris.de/entscheidung/1112
Teilzitat Rn. 162,
... Noch stärker tritt diese Rechtsschranke aus dem Gedanken der Bundestreue bei der Ausübung von Gesetzgebungsbefugnissen zu Tage: "Bleiben die Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung nicht auf den Raum des Landes begrenzt, so muß der Landesgesetzgeber Rücksicht auf die Interessen des Bundes und der übrigen Länder nehmen" (BVerfGE 4, 115 [140]). Aus dem Verfassungsgrundsatz der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten kann sich weiter die Pflicht der Länder zur Beachtung von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes ergeben (BVerfGE 6, 309 [328, 361 f.]). Unter Umständen kann schließlich ein Land mit Rücksicht auf seine Pflicht zur Bundestreue verpflichtet sein, im Wege der Kommunalaufsicht gegen Gemeinden einzuschreiten, die durch ihre Maßnahmen in eine ausschließliche Bundeskompetenz eingreifen (BVerfGE 8, 122 [138 ff.]). Auch bei der Wahrnehmung der Bundeskompetenzen auf dem Gebiet des Rundfunks ist, wie oben dargelegt (vgl. I 4 d und D II 7 b), der Satz vom bundesfreundlichen Verhalten von grundsätzlicher Bedeutung.
Wenn die Länder in ihren ganzen Medien- und Rundfunkregelwerken auch nur einmal gegen die EMRK und die Entscheidungen des EGMR verstoßen, ist das betreffende Regelwerk in diesem Punkt defakto also verfassungswidrig? Und damit übrigens auch unionsrechtswidrig, (freilich nur eine starke Vermutung), denn die EMRK ist integraler Part des Unionsrechts, (Art 6 Abs 3 EUV, der im Thema bereits verlinkt wurde).
Richtlinie sind übrigens nicht druch bloßes Verwaltungshandeln umsetzbar, sondern nur via ordentlichem Gesetz.
Rechtssache C-131/88
https://eur-lex.europa.eu/legal-content ... 7995268458
Teilzitat aus den Leitsätzen
... Eine blosse Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann, kann nicht als rechtswirksame Erfuellung der Verpflichtung betrachtet werden, die den Mitgliedstaaten als Adressaten einer Richtlinie nach Artikel 189 EWG-Vertrag obliegt.
User @wanne hat das in seinem Beitrag von heute vergleichsweise gut dargestellt.
Zuerst einmal sind also die Regelwerke der EU zu analysieren, und zwar alle, die den betreffenden Part, der national geregelt werden soll, unmittelbar wie mittelbar berühren, denn die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts sind ranghöher.