Wie läuft der Entscheidungsprozess, ob eine Software in Debian aufgenommen wird?

Vom einfachen Programm zum fertigen Debian-Paket, Fragen rund um Programmiersprachen, Scripting und Lizenzierung.
Antworten
Cordess
Beiträge: 422
Registriert: 09.01.2006 00:37:22

Wie läuft der Entscheidungsprozess, ob eine Software in Debian aufgenommen wird?

Beitrag von Cordess » 26.10.2021 22:28:01

Wenn ein Nutzer wollte, dass eine Software in die Debian Repositories reinkommt.
Wer entscheidet das dann, dass dies passiert und wie wäre da der Ablauf?

Ich habe nämlich gerade mal nachgesehen, ob es für die Flatpakinfrastruktur in Debian die Software Flatseal in den Debian Repositories gibt. Diese Software dient dazu, die Sicherheitseinstellungen von Software, die via Flatpak ausgeliefert wird,
per GUI restriktiver oder lockerer nach den Sicherheitsbedürfnissen des Nutzers einzustellen.

Es gibt zwar auf flathub ein Flatpak Paket von Flatseal, aber kein Debian eigenes Paket für diese IMO sicherheitsfördernde Software.
Und weil man damit die Sicherheit von Flatpak Paketen einstellen kann, wäre es sinnvoll, wenn so etwas im Repository der Distribution enthalten wäre.

In Debian ist das allerdings noch nicht drin, weder in sid noch in experimental.
https://packages.debian.org/search?keyw ... ection=all

Es hat allerdings schon einmal ein Nutzer eine Anfrage gestellt, das war laut "Angeforderte Pakete" vor 254 Tagen:
https://www.debian.org/devel/wnpp/requested

Und das ist die Anfrage dazu:
https://bugs.debian.org/cgi-bin/bugrepo ... bug=982784

Da diese Software noch nicht in experimental oder sid ist, wollte ich mal wissen, was dazu nötig ist oder woran das liegt wenn so eine Software noch nicht im Repo ist und wenn dazu eine Entscheidung gefallen ist, wie lange so etwas in der Regel dauert?
Falls es dazu Abstimmungen gab, ob so eine SW aufgenommen werden soll, wo kann man die einsehen?

eggy
Beiträge: 3334
Registriert: 10.05.2008 11:23:50

Re: Wie läuft der Entscheidungsprozess, ob eine Software in Debian aufgenommen wird?

Beitrag von eggy » 26.10.2021 23:44:46

RFP: request for pakage : kann jeder machen, ist nur ne Email an den Bugtracker "ich hätt das gerne, weil..."
ITP: intent to pakage : ebenfalls ne Mail "ich fang jetzt mal an", kann auch jeder machen, Idee davon ist, dass nicht mehrere Leute parallel aneinander vorbei arbeiten.

Wenn den ITP nen DD (Debian Developer, "volle Rechte") macht, ist die Aufnahme meist nur ne Formalität, das ITP ist sozusagen der "initiale Bugreport" mit dessen Schließen auch das Paket der Infrastruktur bekannt gemacht wird (siehe 5.1 https://www.debian.org/doc/manuals/deve ... w-packages ). Macht den ITP nen Maintainer ("eingeschränkte Berechtigungen"), braucht es aber meist noch jemanden der das Paket formal durchwinkt, sollte aber auch kein Problem sein, da man ohne gute Kontakte zu einem/mehreren DDs kein Maintainer wird, und wer bereits Maintainer ist, hat ja schon gezeigt, dass er ein anderes Paket betreuen kann.

Jeder andere Nicht-Debian kann sich mit seinem Wunsch aber auch an die Mentorenliste wenden und so Maintainer für das von ihm gewünschte (neue) Paket werden. Da sind die Anforderungen dann etwas höher, siehe "New Maintainer Process", und bedeutet unter anderem auch, dass man nen DD finden muss, der einem das ganze "sponsert" (auf dem Weg bei Fragen hilft und letztendlich die Veranwortung trägt), Details dazu findest Du im New Maintainer Guide und auf https://mentors.debian.net/ .

Manchmal wird vorab/unterwegs auf den Mailinglisten diskutiert, https://lists.debian.org/ , wo genau, liegt einerseits daran, wo initial gefragt wurde und andererseits auch daran, ob es ne spezielle "Fachgruppe" gibt, an die weitergeleitet wird. Ne Diskussion bezüglich nem Spiel wirst Du eher auf debian-devel-games finden, als auf debian-apache; ist es nen KDE Spiel, kann es dann aber auch den KDE Listen zu finden sein. Falls sowas wie "nee, geht nicht weil" dabei rauskommt, wird das Fazit aber ziemlich sicher auch im jeweilgen Bugreport landen. Grade wenn es wichtige Gründe (unakzeptable Lizenz, offensichtliche Sicherheitsprobelme, etc) gab, die Software nicht aufzunehmen, wirst Du die Diskussion dazu in den entsprechenden Bugreports, insbesondere dem ITP, finden. Meist liegt es aber ganz einfach an "hat sich noch keiner gefunden, das zu machen".

Also falls Dir die Software wichtig ist, sprich nen paar Debianer (Linuxkonferenzen, IRC, Mailinglisten) direkt an. Leute aus Deiner Gegend oder noch besser, welche, die bereits in dem gewünschten Umfeld Pakete haben und erklär ausführlicher, warum man ohne die Software nicht auskommen kann etc. Wenn Du Glück hast, findest Du jemanden, der sich damit befassen will, aber geh mal davon aus, dass es vermutlich an Dir selbst hängen bleibt und das Dein erster Schritt zum eigenen Paket ist (die Gerüchteküche sagt, so soll schon der ein oder andere DD geworden sein :mrgreen: )

Cordess
Beiträge: 422
Registriert: 09.01.2006 00:37:22

Re: Wie läuft der Entscheidungsprozess, ob eine Software in Debian aufgenommen wird?

Beitrag von Cordess » 26.10.2021 23:57:27

Das ist eine super Erklärung. Vielen Dank dafür. :THX:

Antworten