Der Staat als Dienstleister und der Bürger als Kunde

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DavidJ
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Beitrag von DavidJ » 10.03.2004 14:58:31

@davidj:
wenn es möglich ist, haarsträubende texte aus dem fdp-forum zu zitieren, dann dürfte es auch möglich sein, texte (die vielleicht für dich genauso haarsträubend sind) aus anderen quellen zu zitieren. nicht mehr, nicht weniger. der artikel zielte nicht auf hier agierende personen sondern sollte (überspitzt) die generelle tendenz widerspiegeln (ich nenne sie "konservative restauration" - das zurückfallen in ein voraufklärerisches, neofeudales gesellschaftssystem). und wenn ich mir ansehe, dass darüber diskutiert wird, arbeitslose zu medikamententests zu zwingen (weil bei verweigerung das arbeitslosengeld gestrichen wird), dann finde ich das zitat durchaus angemessen...
Ich habe das Zitat auf die vorigen Postings also auch auf mich bezogen und fand es deshalb vom Inhalt her nicht angebracht. Das das Zitat ansonsten einen vorhandenen Missstand beschreibt sehe ich auch so und habe an dem Text an sich nichts auszusetzen. Aber mit deiner Antwort ist ja nun klar dass es weder auf mich noch andere hier abzielte.

Arbeitslose zu Karnikeln der Pharmaindustrie zu machen oder auch nur darüber zu diskutieren ist menschenverachtend. Wo kann man denn mehr darüber lesen?

es ist wie in der geschichte mit dem affen, der katze und der schnecke (oder waren das andere tiere?). alle drei haben die gleiche chance - sie dürfen auf den baum klettern. wer wird aber wohl als erster oben sein? wenn man einach nur die "chancengleichheit" ausruft und alle einfach "machen" lässt, dann kommen die schwachen unter die räder (und sie werden auch noch selbst dafür verantwortlich gemacht, da ja alle angeblich die gleichen chancen haben). chancengleichheit ist ein mythos.
Ein schönes Beispiel. Aber nach meinem Verständnis ging es doch weder um Chancengleicheiheit noch darum das Sozialsystem abzuschaffen.

Es ist wohl so dass man die Lücken im Sozialstaat und somit die Ausnutzung von manchen Leuten die eigentlich ohne diese Hilfe auskommen könnten in Kauf nehmen muss um den Nutzen zu erhalten. Dennoch wäre es gut wenn es einen Weg gäbe die Ausnutzung stärker zu reduzieren und die Nutzung für diejenigen die tatsächlich Bedarf haben zu vereinfachen.


MFG, David

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jogix
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Beitrag von jogix » 11.03.2004 00:12:04

Hm,

langsam finde ich, daß der Thread tatsächlich in die Polemik abrutscht.
Zu meinem letzten Posting. Ich dachte, ich brauche es nicht weiter zu erklären. Aber scheinbar muß ich es doch tun, da kaum einer die Botschaft zwischen den Zeilen lesen konnte.

Nun, was uns in Deutschland fehlt, ist schlicht und ergreifend Anstand und Moral. Und um Himmels Willen nicht mehr Staat. Davon haben wir mehr als genug, um nicht zu sagen viel zu viel!

Man schaue sich doch nur das generelle Niveau in Deutschland an. Nein, diesmal nicht Pisa-Studie oder wie sie alle heißen mögen.
Denkt man an die Nachkriegszeit zurück, gab's in Deutschland eine "Anpacken-Mentalität". Mittlerweile haben wir ein "der Staat wird's schon richten..." Denken. Klar daß man nicht alle Probleme dem Einzelnen überlassen kann, der Staat jedoch vermag die meisten Probleme nicht zu lösen.

Denken wir an Bildung. Nun bin ich, gerade was das frühe Stadium anbelangt, doch durchaus mit der Situation in den (Grund-)Schulen vertraut. So ist es dort kaum mehr möglich, sinnvollen Unterricht zu machen. Die eine Hälfte versteht den Lehrer nicht, von der anderen Hälfte sind die meisten Kinder schlicht von ihren Eltern im Stich gelassen. Eine sechs wird kommentarlos und interessenlos unterschrieben. Kuschelecke statt Strafarbeiten als pädagogisches Erziehungsmittel.
Das Problem in den frühen Jahren steckt darin, daß die Eltern die Erziehung in die Hände der Lehrer legen, was allerdings nicht deren Aufgabe ist. Die Eltern bremsen den unbändigen Lerndrang der kleinen Kinder, kommen sie in die Schule, so ist keine Konzentration über mehr als 10 Minuten möglich.
In dieser frühen Phase beginnt schon die Konsumgesellschaft. Daß ein solch aufwachsendes Kind später nicht mehr aus der Konsumhaltung herauskommt, ist auch verständlich - schließlich hat es ja nie etwas anderes gelernt.

Nun ist die Problematik in den ersten Jahren grob umrissen (mehr auch nicht). Daran schließen sich natürlich viele weitere Probleme an, diese jedoch hier in einem Postig ausdiskutieren zu wollen, wäre vermessen.

Das Problem in Deutschland sind IMHO nicht zu sehr die Systeme und Steuern (auch, aber nicht einzig), sondern vielmehr das Gesellschaftsbild, daß sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht unbedingt zum besseren verändert hat. Meist geht mit dem Wohlstand eine gewisse Arroganz und Ignoranz einher, die auch sehr eng mit noch stärkerem Egoismus verbunden ist. nein, ich fordere keine Armut, sondern ein Aufwachen der Bevölkerung und eine Anpacken-Mentalität, die durch alle Schichten gehen kann und muß. Sicherlich, diese Mentalität soll durch die Reformen vermittelt werden. Was kommt aber bei den meisten Menschen, die der Konsum- und Mediengesellschaft total erlegen sind, an? Klar, der Staat wird's schon richten! Das wird er aber nicht! Waren nicht die DDR oder UdSSR oder viele weitere Beispiel genug?

Nun denn, soviel von mir zur Stammtischpolitik ;)
cheers,
Jochen
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Testing can prove the presence of bugs, but not their absence. -- Dijkstra

DavidJ
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Beitrag von DavidJ » 11.03.2004 09:54:24

jogix hat geschrieben:Hm,

[...]

Nun denn, soviel von mir zur Stammtischpolitik ;)
Ich finde ja dass emge bezügl. der kritisierten Postings schon recht hatte. Was du jetzt geschrieben hast, würde ich für meinen Teil aber sicher nicht als Stammtischpolemik oder -politik bezeichnen.

MFG, David

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Six
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Beitrag von Six » 12.03.2004 01:36:34

Natas12 hat geschrieben:tja, ruhollah. aber nicht ALLE MENSCHEN sind so mündig, aufgeklärt und rational wie du. und da liegt das problem. der sogenannte "liberalismus" hat ein ganz bestimmtes menschenbild - der mensch als rationaler planer, der aufgeklärt ist, der nur die chancengleihheit braucht und sich nicht dirigieren lassen möchte.
Der Gegenschluß lautet: der kleinste gemeinsame Nenner, oder was? Und Zustimmung: der Liberalismus (welcher eigentlich genau?) hat ein optimistisches Menschenbild. Vielleicht nicht immer zutreffend, aber lieber einer zu viel frei als einer zu wenig.
ich brauche keinen krakenhaften staat, der mir die schuhe zubindet. aber er muss (auch) dafür sorgen, dass diejenigen, die diesen "bürgerlichen" überblick nicht haben, geschützt werden. notfalls vor sich selbst.
Na bingo, wer entscheidet denn, ab wann ich vor mir selbst beschützt werden muß? Du? Deine Menschenfreundlichkeit in Ehren, aber du bist da auf einer slippery slope, wie es so schön heißt. Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint.
es ist wie in der geschichte mit dem affen, der katze und der schnecke (oder waren das andere tiere?). alle drei haben die gleiche chance - sie dürfen auf den baum klettern. wer wird aber wohl als erster oben sein? wenn man einach nur die "chancengleichheit" ausruft und alle einfach "machen" lässt, dann kommen die schwachen unter die räder (und sie werden auch noch selbst dafür verantwortlich gemacht, da ja alle angeblich die gleichen chancen haben). chancengleichheit ist ein mythos.
Der benevolente und väterliche Staat ist ebenfalls ein Mythos und da können wir sogar empirische Daten begutachten. Aber weil wir schon dabei sind bunte Fabeln zu stricken: ein Elephant, ein Nilpferd und ein Kaninchen bekommen jeweils einen 10 kg Stein an den Bauch gebunden und werden ins tiefe Wasser geworfen. Das Kaninchen ersäuft. Wer war schuld? Das Wasser, ist doch klar.

Niemand behauptet, daß alle oder auch nur wenige Menschen gleich wären - und sie lassen sich auch nicht gleich machen. Mir ist jedenfalls kein Versuch bekannt, der nicht darin endete, das "die Anderen" verfolgt, denunziert und schlimmstenfalls getötet wurden. Aber das hatten wir beide ja schon mal und ich will mich hier nicht in endlosen Wiederholungen ergehen. Das erspar ich uns beiden einfach, ok?

ach ja, lösungsvorschläge... mein lösungsvorschlag: mehr politik!
Das habe ich komplett nicht verstanden: Lösungsvorschläge. Jemand bemängelt einen Sprachgebrauch, der evtl. Ausdruck einer bestimmten sozialen Perspektive ist. Was kann man da lösen?

Ach zum Kuckkuck, jetzt habe ich doch was zu dieser albernen Diskussion geschrieben... Wohl bekomm's.

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hupfdule
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Beitrag von hupfdule » 12.03.2004 09:13:10

Six hat geschrieben:[...]
Aber das hatten wir beide ja schon mal und ich will mich hier nicht in endlosen Wiederholungen ergehen. Das erspar ich uns beiden einfach, ok?
Gib mal den Link auf den Thread. Würde mich schon interessieren.

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 12.03.2004 11:27:30

mussu nach "marx" suchen... ;-)

@six: du weisst, wie ich darüber denke und hoffentlich auch, dass ich kein freund von der idee bin, menschen zu ihrem glück zu zwingen - da wird es dann in der tat viele grabsteine geben.
die "freie person", ohne bindungen und bedingungen ist für mich ein mythos. ein ausdruck der bestehenden gesellschaftlichen verhältnisse und ein mittel zur aufrechterhaltung derselben.

ach ja - schuld ist nicht das wasser. schuld ist dejenige, der den sack mit den steinen umbindet und dich auch noch ins wasser wirft. das größte tier könnte doch einfach die kleineren tiere auf dem rücken ans ufer tragen... :D

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